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Schichtdickenmessung an Kunststoffen

Abbildung 1: Aufbau eines Laborsystems zur Schichtdickenmessung mittels des am SKZ entwickelten Messverfahrens. Eine Wärmebildkamera zeigt dabei farblich kodiert die in Sekunden ermittelte Schichtdicke eines stufenförmig, grün beschichteten Bauteils mit Dicken im ein- bis dreistelligen Mikrometerbereich an.

Neue zerstörungsfreie und bildgebende Methode zur Schichtdickenmessung am SKZ

Oft erfährt das Kunststoff-Zentrum SKZ, wie sehr Beschichtungen von Werkstoffen und Bauteilen das fertige Produkt und dessen Wahrnehmung vom Endnutzer beeinflussen. Sowohl optische als und haptische und sogar manchmal mechanische Eigenschaften hängen in erster Linie von Beschichtungen ab und können somit auch durch deren Anpassung gezielt beeinflusst werden. Dabei sind v. a. die Dicke und Homogenität der Beschichtung maßgeblich, sodass deren messtechnische Überwachung direkt zur Qualitätssicherung und auch zur Kosten- und Materialeinsparung beiträgt. Hierfür bietet das Kunststoff-Zentrum SKZ, ein Mitglied der Zuse-Gemeinschaft, ein neues Prüfverfahren für den Laboreinsatz und für die Integration in Produktionsprozesse an, das einen erheblichen Mehrwert gegenüber dem bisherigen Stand der Technik bietet.

Bisherige Messverfahren sind nur begrenzt einsetzbar

Bisher eingesetzte Messverfahren sind häufig nur unter ganz begrenzten Randbedingungen einsetzbar. Konfokale Messtechnik oder solche auf Basis von Interferenzeffekten und Lasertriangulation setzen beispielsweise die Transparenz der zu messenden Beschichtung voraus. Methoden auf Basis von Wirbelstrom, Mikrowellen oder Terahertz-Strahlung erfordern etwa besondere Eigenschaften hinsichtlich der elektrischen Leitfähigkeit von Substrat und Beschichtungsmaterial. Punktuell messende Methoden wie die Ultraschalltechnik bringen einen großen Automatisierungsaufwand mit sich und benötigen viel Zeit für die Prüfung großer Flächen.

Neue Messmethode: Gepulste Lock-in-Thermografie

Anders bei der neuen Messmethode vom SKZ, der sog. gepulsten Lock-in-Thermografie, die zwar auf bestehenden thermografischen Verfahren aufbaut und damit eine Wärmebildkamera zur Datenaufnahme nutzt, aber die spezifischen Vorteile unterschiedlicher Verfahrensvarianten vereint und gleichzeitig deren Nachteile eliminiert.

Bisher verfügbare Messsysteme zur Schichtdickenmessung basieren auf der sog. Puls-Thermografie oder Lock-in-Thermografie:

Puls-Thermografie

Bei der Puls-Thermografie wird das Prüfobjekt mittels eines einzelnen sehr energiereichen Pulses erwärmt und anschließend das zeitliche Abkühlverhalten mit einer Wärmebildkamera aufgezeichnet. Anschließend wird das Abkühlverhalten mit der Schichtdicke korreliert: Je dünner die Schicht, desto schneller erfolgt die Abkühlung. Nachteilig ist jedoch die hohe thermische Oberflächenbelastung infolge des energiereichen Blitzes und das kleine Signal-zu-Rausch-Verhältnis, das je nach Anwendung zu größeren Messungenauigkeiten führt.

Lock-in-Thermografie

Bei der Lock-in-Thermografie wird hingegen das zu untersuchende Bauteil über einen längeren Zeitraum von einigen Minuten periodisch aufgeheizt. Dazu erwärmen oftmals Halogenstrahler das Bauteil sinusförmig mal mehr und mal weniger. Auf diese Weise wird die Anregungsenergie im Vergleich zur Puls-Thermografie über einen längeren Zeitraum verteilt, sodass die thermische Beanspruchung des Bauteils sinkt. Nachteilig ist jedoch die lange Messzeit und die thermische Trägheit von Halogenstrahlern, die großen Anregungsfrequenzen entgegensteht. Große Anregungsfrequenzen bedeuten, dass die Halogenstrahler in einem sehr schnellen Takt das Bauteil mal mehr und mal weniger stark erwärmen müssten, was für die Messung dünner Schichten im Mikrometermaßstab erforderlich ist.

Gepulste Lock-in-Thermografie vereint Vorteile beider Prüfverfahren

Das SKZ hat nun ein neues Prüfverfahren entwickelt, um die Vorteile der Puls- und Lock-in-Thermografie zu vereinen. Die sog. gepulste Lock‑in‑Thermografie führt nun diese beiden Verfahren zusammen und regt das Prüfobjekt mit einer Sequenz periodisch auftretender Lichtblitze an. Dies führt zu einem verringerten Rauschanteil und einer geringeren thermischen Belastung des untersuchten Objekts als bei der reinen Puls-Thermografie und zur Nutzbarkeit höherer Anregungsfrequenzen als bei der reinen Lock-in-Thermografie. Dadurch können in kurzer Zeit die Schichtdicken sehr großer Flächen mikrometergenau bestimmt werden, ohne das besondere Anforderungen an die Substrat- und Beschichtungseigenschaften hinsichtlich Farbe, Transparenz, Leitfähigkeit o. ä. gestellt werden.

Durch die vergleichsweise einfache technische Realisierbarkeit grenzt sich die gepulste Lock-in-Thermografie von anderen Schichtdicken-Messverfahren durch die vollflächige Messbarkeit bei gleichzeitig moderaten Systemkosten im niedrigen fünfstelligen Euro-Bereich ab.

Die Abbildung 1 zeigt einen exemplarischen Aufbau für Laboranwendungen, bei dem ein mit einem grünen Alkydharz beschichtetes Substrat untersucht wurde. Dabei können Schichten im ein- bis dreistelligen Mikrometerbereich sicher und reproduzierbar aufgelöst werden. Die farbliche Kodierung des im Bildschirm der Kamera gezeigten Wärmebilds ist hierbei ein Maß für die Schichtdicke, die durch Anwendung von Kalibrierungen mikrometergenau quantifiziert wird. Aufgrund der modularen und sehr robusten Bauweise bestehend aus Infrarotkamera und Blitzlampe ist die Integration in Produktionsprozesse fast ein Kinderspiel. Hier steht das Kunststoff-Zentrum SKZ interessierten Unternehmen als Systemanbieter zur Verfügung.

 

Die Schichtdickenmessung unterschiedlichster Substrat-Beschichtungskombinationen gewinnt zunehmend an Bedeutung. Während punktuelle Messverfahren einen hohen Automatisierungsaufwand und lange Messzeit mit sich bringen,  ermöglichen direkt bildgebende Verfahren eine schnelle Messung mit Genauigkeiten im Mikrometerbereich. Dabei stellt jedoch besonders die Kombination ähnlicher Materialien, wie sie mittlerweile sehr häufig bei Kunststoffbeschichtungen von Kunststoffsubstraten vorkommen, eine bisher ungelöste Herausforderung dar.

Das SKZ bietet hier ein innovatives Messsystem an, das die Dickenmessung auch unter erschwerten Bedingungen automatisiert und benutzerunabhängig ermöglicht. Weitere Informationen hierzu können auch auf dem „Qualitätsgipfel Kunststoff“, der am 16. und 17. März 2021 online stattfindet, erfahren werden. Hohe Ansprüche an Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung sowie Forderungen nach mehr Rezyklateinsatz bringen einerseits neue Qualitätskriterien hervor und stellen andererseits neue Anforderungen an Mess- und Prüftechnologien, an die Prozess- und Verfahrenstechnik sowie an Dokumentation und Zertifizierung. Begegnung, Austausch und Kommunikation helfen diese neuen Herausforderungen erfolgreich zu meistern. Das SKZ leistet hier durch den Qualitätsgipfel einen wegweisenden Beitrag.

Die Deutsche Gesellschaft für Qualität (DGQ) und das Kunststoff-Zentrum SKZ kooperieren im Bereich Weiterbildung, um mit der Kombination aus Kunststofffachwissen und Managementsystem-Know-how auch neue Impulse für Innovationen zu schaffen.

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Giovanni Schober
Gruppenleiter Zerstörungsfreie Prüfung (ZfP) am SKZ
E-Mail: G.Schober@skz.de
Telefon: +49 931 4104-464