So gewinnen Sie Ihren Chef dafür, Qualitätsmanagement als Organisationsentwicklung zu betreiben8 | 08 | 18

Als Qualitätsmanager nehmen Sie täglich bei Audits, Lieferanten- oder Kundenbesuchen und Gesprächen mit Kollegen, Kunden und Partnern wahr, wie sich die Arbeitswelt verändert. Jeder redet über Digitalisierung, Industrie 4.0, agile Organisationen etc. Sie haben Ideen, wie sie als Qualitätsmanager zur Weiterentwicklung und Transformation des Unternehmens beitragen können – doch leider sieht Ihr Chef Sie nicht in dieser Rolle. Wie schaffen Sie es, Ihre Führung dafür zu gewinnen, notwendige Veränderungen Ihrer Organisation mit Unterstützung aus dem Qualitätsmanagement umzusetzen?

Wo stehen wir heute – den Kontext verstehen

Zunächst gilt es, die Ausgangslage zu verstehen. Dazu zählen ein Verständnis des Unternehmensumfeldes, eine Einschätzung der Motive und Haltungen der Entscheider sowie eine Reflexion der eigenen Rolle im Qualitätsmanagement. Jedes Unternehmen ist einzigartig in seiner Kultur, seinen Abläufen, seinen Strukturen und seinen Menschen. So sind in Unternehmen unterschiedliche Führungspersonen und Mitarbeiter im Qualitätsmanagement anzutreffen, die unterschiedliche Haltungen und ein unterschiedliches Verständnis für Veränderungsprozesse und die Mitwirkung des Qualitätsmanagements in organisationsentwickelnden Rollen haben. Erst wenn die Entscheider die Dringlichkeit für die Umsetzung von Veränderungen verstanden haben und das Potenzial des Qualitätsmanagements und des Qualitätsmanagers beim Change Management erkennen, ist es möglich, als Qualitätsmanager eine aktive Rolle in diesen Veränderungsprozessen zu erhalten.

Es geht nichts ohne den Chef

Jede Argumentation muss je nach Führungskraft individuell und spezifisch aufgebaut werden. Die Entwicklungspsychologen David Rooke und William R. Torbert unterschieden sieben Typen von Führungskräften, die sich stark in deren unternehmerischen Handlungen unterscheiden. Nur bestimmte Typen zeigten eine beständige und dauerhafte Aufmerksamkeit und Fähigkeit für Innovationen und erfolgreiche Organisationsveränderung und -entwicklung. Ein reflektierter Umgang mit derartigen „Führungstypen“ hilft, eine spezifische Ansprache vornehmen zu können. Als Qualitätsmanager berücksichtigen wir bei der Argumentation, dass jede Führungskraft einzigartig ist. Es gilt also, die individuellen Motive und Haltungen des angesprochenen Chefs im Hinblick auf Veränderungen und Ihre Rolle als Qualitätsmanager zu erkennen und zu verstehen.

Quo vadis QM – die eigene Rolle reflektieren

Auch Qualitätsmanager werden je nach Rolle und Persönlichkeit von Führungskräften und Mitarbeitern unterschiedlich wahrgenommen. Qualitätsmanager, die die Rolle des Organisationsentwicklers anstreben, sollten sich daher genau überlegen, inwieweit sie eine solche Rolle überhaupt einnehmen wollen und können.

Um organisationsentwickelnde Aufgaben übernehmen und Führungskräfte für Veränderungen sensibilisieren zu können, benötigen Qualitätsmanager Kompetenzen und Qualifikationen, die über die bestehenden QM-Qualifikationen hinausgehen. Das Verständnis für Change-Management und Organisationsentwicklung, Kenntnisse über den Prozessverlauf von Veränderungen, Kompetenzen und Methoden der Kommunikation oder zum Umgang mit Risiken und Blockaden in Veränderungsprozessen sind notwendig, um Change-Projekte erfolgreich umzusetzen.

So geht’s…

Wenn Sie als Qualitätsmanager etwas in Ihrem Unternehmen verändern wollen, ist es daher von Bedeutung, sich im Vorfeld über die Haltung und Einstellung der Führungskraft im Hinblick auf Change bewusst zu werden. Mögliche Fragen sind:

  • Welche Motive hat meine Führungskraft und welche Ziele verfolgt sie?
  • Welche Sorgen und Schmerzen belasten meine Führungskraft?
  • Wie steht meine Führungskraft Veränderungen gegenüber?
  • In welcher Rolle sieht mich meine Führungskraft bisher?
  • Mit wem treibt meine Führungskraft Wandel und Veränderungen voran?

Suchen Sie daraufhin Anknüpfungspunkte für eine Weiterentwicklung Ihrer QM-Rolle. Überlegen Sie, wie Sie ihr Auftreten und den Fokus ihrer Aktivitäten verändern müssen, um sich für die Mitwirkung an Veränderungsprojekten und an der Organisationsentwicklung bei Ihrem Chef interessant zu machen. Entwickeln Sie aber auch Ideen, welche bisherigen QM-Aufgaben und -Rollen wichtig bleiben und wer die Ressource und das Profil hat, die verbleibenden zu übernehmen, wenn Sie selbst mehr Organisationsentwicklung betreiben.

Und warum das Ganze?

Mit ihren Erfahrungen und Kompetenzen aus Veränderungsprozessen verfügen Qualitätsmanager über Kenntnisse der Organisation und ihrer Zusammenhänge sowie über Methoden und Werkzeuge zu deren Entwicklung. In der Zusammenarbeit mit anderen an der Organisationsentwicklung mitwirkenden Einheiten lassen sich somit umfassende Synergien nutzen. Doch die Umgestaltung von Organisationsstrukturen ist in den Augen vieler bisher keine Kompetenz der Qualitätsmanager. Dabei ist es sinnvoller, die Ursachenfinder, hier die QM, in die Lösungsfindung mit einzubeziehen. Neben dem Zugriff auf breites Prozesswissen wird dadurch auch die Lösungsgeschwindigkeit erhöht. Denn letztlich ist jede Managementsystemgestaltung Organisationsentwicklung und Organisationentwicklung bedarf auch der Managementsystemgestaltung.

Es gilt also, die Leitung davon zu überzeugen, Qualitätsmanager aktiv in den Organisationsentwicklungsprozess einzubeziehen. Dabei ist es wichtig, klar auszuarbeiten, dass der Qualitätsmanager nicht die Arbeit bereits vorhandener Organisationsentwickler übernehmen soll. Es geht darum, das Potential des QM für die Entwicklung der Organisation zu nutzen. Eine solche Veränderung ist nicht von heute auf morgen realisierbar, sie kann nur schrittweise erfolgen. Ein wichtiger Baustein ist die Verbreitung eines entsprechenden Qualitätsverständnisses eines jeden Akteurs und ein konsequentes Vorleben der Leitung und der Führungsriege.

Nicht jeder Akteur im Qualitätsmanagement kann und wird alle Aufgaben eines Qualitätsmanagers in diesem organisationsentwicklerischen Sinn wahrnehmen. Eine Streuung der Verantwortung für Qualität in alle Unternehmensbereiche fördert die Verankerung und Entwicklung eines ganzheitlichen Qualitätsmanagements und Qualitätsbewusstseins im Unternehmen als Bestandteil der Vision und Unternehmensstrategie.

Und was sind Ihre Erfahrungen? Wie gewinnen Sie Ihren Chef? Wir freuen uns auf den Austausch mit Ihnen – hier im Blog oder beim nächsten Treffen des Fachkreises QM als Organisationsentwicklung.

 

 

Über die Autorin: Silke Krischke

Silke Krischke, Dipl.-Wirt.Ing., syst. Organisationsentwicklerin, DGQ-Trainerin/-Prüferin/-Autorin, Mitglied im Leitungsteam des DGQ-Fachkreises QM als Organisationsentwicklung. Sie arbeitet als Senior Consultant bei der 3DSE Management Consultants GmbH, der führenden unabhängigen Managementberatung für Innovation und F&E.

Ein Kommentar bei “So gewinnen Sie Ihren Chef dafür, Qualitätsmanagement als Organisationsentwicklung zu betreiben”

  1. 5f70e7545608579cf465ae0f774087c9 Andreas Lehmann, QMB der Berliner Stadtreinigung sagt:

    Liebe Frau Krischke,
    schön, von Ihnen zu lesen. Auch ich nutze die „Sommerpause“ zum gedanklichen Aufräumen. Daher habe ich mit Interesse Ihren Beitrag gelesen. Sie schreiben:

    „Wenn Sie als Qualitätsmanager etwas in Ihrem Unternehmen verändern wollen, ist es daher von Bedeutung, sich im Vorfeld über die Haltung und Einstellung der Führungskraft im Hinblick auf Change bewusst zu werden. Mögliche Fragen sind:
    Welche Motive hat meine Führungskraft und welche Ziele verfolgt sie?
    Welche Sorgen und Schmerzen belasten meine Führungskraft?
    Wie steht meine Führungskraft Veränderungen gegenüber?
    In welcher Rolle sieht mich meine Führungskraft bisher?
    Mit wem treibt meine Führungskraft Wandel und Veränderungen voran?
    Suchen Sie daraufhin Anknüpfungspunkte für eine Weiterentwicklung Ihrer QM-Rolle.“

    Das passt zu einem Gespräch vor dem Urlaub. Ein Kollege fragte mich: „Es fällt mir schwer, mich auf die Bedürfnisse meiner Führungskraft einstellen, wenn ich selber den Eindruck habe, das bisher im QM Erreichte wird nicht ausreichend wahrgenommen? Meine neue Führungskraft schlägt neue Konzepte und Methoden vor. Mein Eindruck aber ist, das bereits Vorhandene interessiert nur wenig. Vielleicht setzen wir ja Methoden mit ähnlicher Wirkung bereits ein. Da es „quick wins“ geben soll, ist nicht genug Zeit für Erklärung und Analyse. Die Führungskraft ist so eine Macherin – ich glaube, ich bin der zu langsam. Nun hindern mich der eigene Ärger und mein Bedürfnis der Würdigung meiner Kompetenz daran, auf meine Führungskraft zu zu gehen. Was tun?“

    Ja, was tun? Was würden Sie diesem Kollegen vorschlagen?

    Dazu ein Hör-Tipp: „Mehr Ratlosigkeit wagen“, DLF: https://www.deutschlandfunk.de/eine-anleitung-fuer-das-digitale-leben-mehr-ratlosigkeit.1184.de.html?dram:article_id=419306

    Ich bin immer weider erstaunt, dass wir es so betonen müssen, dass wir eigentlich Org.-Entwickler sind. Für mich ist das völlig selbstverständlich. Als QMB kennen wir auch die Seite der Umsetzung. Wir unterstützen Beschäftigte und Führungskräfte, die Organisation und das (Management-)System an die Veränderung anzupassen. Wir kennen die beiden Mitreisenden „die-Mühen-der-Ebene“ und den-Teufel-im-Detail“ persönlich.

    Gruß und bis September

    Andreas Lehmann

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